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Das Gaudigericht tritt zusammen
Am schmutzigen Donnerstag haben die Narren Kindergartenkinder und Schüler befreit und im Rathaus die Macht übernommen.

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Die Lehrer wurden gefesselt und die Schüler konnten gehen. Foto: Fürstabt-Gerbert-Schule

ST. BLASIEN. Die Macht ist in den Händen der Narren: Schüler und Kindergartenkinder befreiten sie am Donnerstagmorgen aus den Händen ihrer Lehrer und Erzieherinnen, am Nachmittag war dann der Bürgermeister dran – er musste den Rathausschlüssel abgeben. Heute nun spielen die Narren ihre Macht richtig aus, wenn sie im Rahmen der närrischen Bürgerversammlung im Kursaal zwei Angeklagte vor das Gaudigericht zitieren.
Befreit von der Last der Schule zogen die Schüler bereits kurz vor zehn Uhr zum Busbahnhof oder zu ihren Treffpunkten in die Stadt. Narrenrufe, Gesänge und Lachen waren vielerorts zu hören. Währenddessen hatte im Kindergarten Arche Noah ein fröhliches Fest begonnen: Die Gaudi-Marien und die Gaudi-Hans hatten ihre Masken vor der Türe liegen gelassen, um dann mit den Kindern zu tanzen und zu singen.

Die einen feierten schon, die anderen hatten noch zu tun: Im Kursaal mussten noch einige Arbeiten erledigt werden, damit sich am heutigen Freitag pünktlich die Türen zur närrischen Bürgerversammlung öffnen können. Mit Reden, Tänzen und anderen Vorführungen wird dann das närrische Volk bei Laune gehalten, bis schließlich das Gaudigericht zusammentritt: Peter Mittermeier, der Vorsitzende der Stadtmusik St. Blasien, wird der eine Angeklagte sein. Der andere ist Martin Schmidt. Er ist Geschäftsführer der Schmidts-Märkte.

Ein Jahr nach der Gründung der Narrenzunft "Der Gaudi-Hans" wurde das erste Gaudigericht abgehalten. Dabei folgte die Zunft auch dem historischen Vorbild: Johann Wassmer habe selbst Gericht über hohe und weniger hohe Herren gehalten, sagt Hanskarl Link, der seit 40 Jahren verantwortlich für die Texte des Gaudigerichts ist.

Politiker, Geschäfts- oder auch Zeitungsleute – überwiegend aber Männer – wurden im Laufe der Jahrzehnte vorgeladen. Der frühere und der amtierende Landrat waren ebenso da wie Regierungspräsidenten und Mitarbeiter aus dem Rathaus. Zusagen habe die Narrenzunft eigentlich immer leicht erhalten, erinnert sich Link. Noch leichter sei es gefallen, Politiker im Vorfeld von Wahlen zu gewinnen.

Schwer sei es dagegen, Lustiges aus dem Leben der Angeklagten zu erfahren. Auch wenn es ein Narrengericht sei, dürfe es nie unter die Gürtellinie gehen – der Humor stehe im Vordergrund.

Wie sich ein Angeklagter fühlt, weiß er aus eigener Erfahrung: Überraschend sei er vor einigen Jahren selbst vor Gericht gestellt worden. Bislang habe sich noch kein Angeklagter ungerecht behandelt gefühlt, zudem werde am Schluss doch jeder freigesprochen. Das Gaudigericht heute wird sein letztes sein, den nach 40 Jahren legt Hanskarl Link den Gerichtsstift aus der Hand.

Die närrische Bürgerversammlung mit Gaudigericht beginnt heute, Freitag, um 19.33 Uhr im Kursaal.

Quelle : Badische Zeitung
Autor : Sebastian Barthmes
Datum : 17.02.2012

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